Jean-Claude Carrière ist am 8. Februar im Alter von 89 Jahren gestorben. Der große Künstler hatte viele Gesichter: Bei den meisten machte er sich einen Namen als Drehbuchautor, aber auch als Theaterregisseur, Schriftsteller und Filmschauspieler. Allem voran war Carrière aber ein gebildeter und neugieriger Mensch mit unstillbarem Wissensdurst, der von Künstlicher Intelligenz und Astrophysik, über Spiritualität, Sitten und Bräuche ferner Länder, bis zu Insekten und Yoga reichte.
Der französisch-okzitanisch zweisprachige Carrière wurde 1931 in einer Winzerfamilie in der Nähe von Montpellier geboren und folgte seinen Eltern in die Pariser Gegend, wo er die Ecole Normale supérieure de Sceaux besuchte.
Nach dem Abschluss seines Literatur- und Geschichtestudiums, verfolgte er nicht den universitären Pfad, sondern wandte sich mehr und mehr dem Schreiben zu. Sein erster Roman Le Lézard erschien 1957 - weitere folgten. Im Zuge des Erfolgs seines ersten Romans, traf er auf Jacques Tati und Pierre Etaix. Mit letzterem verwirklichte er zwei Kurzfilme: Rupture und Heureux anniversaire. Einige glückliche Begegnungen prägten das Leben Carrières, ermöglichten ihm, neue künstlerische Wege einzuschlagen und somit an der Verwirklichung legendärer Arbeiten teilzuhaben. Während eines Mittagessens in Cannes sympathisierte er mit Luis Buñuel. Aus diesem gemeinsamen Essen erblühte eine Zusammenarbeit zwischen den beiden, die 19 Jahre dauern sollte und große Filme wie Le Journal d'une Femme de Chambre (1964), Belle de Jour (1967), Le charme discret de la bourgeoisie (1972) oder Cet obscur objet du désir (1977) umfasste.
"Bei einem Mittagessen bei den Filmfestspielen von Cannes habe ich Buñuel getroffen. Er suchte einen französischen Drehbuchautor. Wir haben uns sehr gut verstanden und acht Tage später habe ich erfahren, dass ich nach Madrid fahren sollte. Das war natürlich DER Tag meines Lebens. (...) Sechs Filme und ein Buch, Mon dernier soupir, das wir ganz am Ende geschrieben haben, als er nicht mehr die Kraft hatte zu drehen." - Portraits croisés : Luis Buñuel par Jean-Claude Carrière
Seine Kollaborationen endeten jedoch nicht hier. Carrière schrieb und adaptierte für große Regisseure: Taking-Off (1971) und Fantômes de Goya (2006) von Milos Forman oder La Piscine (1969), Borsalino (1970) und Un papillon sur l'épaule (1978) von Jacques Deray. Für Jean-Paul Rappeneau adaptierte er Cyrano de Bergerac (1990) und Le Hussard sur le toit (1995). Zur selben Zeit fragte ihn das französische Fernsehen um eine Adaption von La controverse de Valladolid an, die schließlich einen großen Erfolg kannte und am Theater in Frankreich und Lateinamerika gespielt wurde.
Erst vor ein paar Jahren beteiligte er sich an der Bearbeitung des Drehbuchs Das weiße Band von Michael Haneke, der 2009 die Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes gewonnen hat. Die Geschichte spielt in Norddeutschland am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Seltsame Unfälle geschehen in einem Dorf und bald schon stellt sich heraus, dass diese Racheakte sind. Doch wer ist der Schuldige?
1983 erhielt Jean-Claude Carrière den César für das beste Drehbuch des Films Le retour de Martin Guerre von Daniel Vigne mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle und 2015 einen Ehrenoscar, der sein Gesamtwerk als Drehbuchautor würdigte.
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Quellen:
France Culture
Wikipedia
Le Parisien
Unifrance